The Offer

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Elektrisierende, aber nicht makellose Film-in-Film-Serie über die Entstehung von „Der Pate“

In den späten 1960er und frühen 1970er Jahren tauchte eine Welle neuer Regisseure auf, die sich der später als New Hollywood bekannten Gegenkulturbewegung anschlossen. Zu ihnen gehörten Größen wie Steven Spielberg, Sam Peckinpah, Milos Forman, Martin Scorsese, Michael Cimino und Francis Ford Coppola. Letzterer schuf 1972 einen der prägendsten Filme der Filmgeschichte: „Der Pate“ – ein Meisterwerk, das vordergründig von der Mafia handelt, im Kern aber Themen wie Macht und Kontrolle, Moral und Ethik und nicht zuletzt den Wert der Familie verhandelt. Die Streaming-Serie „The Offer“ von Regisseur Michael Tolkin illustriert die ebenso höchst mühsame wie haarsträubende Entstehungsgeschichte des legendären Hollywood-Klassikers, dessen Bedeutung für die Filmhistorie bis heute herausragend ist. Die Comedy-Drama-Serie wird zwar keinen bleibenden Eindruck in der Nachwelt hinterlassen, doch ist dieses Guilty Pleasure mit seinen buchstäblich unzähligen Anspielungen ein Fest für Cineasten und dank seiner unwiderstehlichen Hauptfiguren unglaublich unterhaltsam, obwohl die Erzählstruktur in formelhaften Konventionen verankert ist.

Los Angeles: Eigentlich ist Albert „Al“ S. Ruddy (Miles Teller) Programmierer. Doch nach der Begegnung mit einem Hollywood-Schauspieler beschließt er Mitte der 1960er Jahre, die Branche zu wechseln und ins Filmgeschäft einzusteigen. Er hat schnell Erfolg, als er bei CBS für die Kriegs-Comedy-Serie „Ein Käfig voller Helden“ pitcht. Doch Ruddy will Filme produzieren und schafft es über den Studio-Vize Bob Evans (Matthew Goode) zu Paramount, wo er Produktionsleiter wird. Ruddy ist unerschrocken und unkonventionell. So fährt er kurzerhand zu einem Filmset mit Superstar Robert Redford (Billy Magnussen) und überredet ihn, in seinem Film „Stromer der Landstraße“ mitzuspielen. Obwohl das Werk floppt, bekommt Ruddy plötzlich eine große Chance: Er soll die Verfilmung des umstrittenen Weltbestsellers „Der Pate“ von Mario Puzo (Patrick Gallo) produzieren. Doch das Projekt entpuppt sich als Albtraum. Die italo-amerikanische Gemeinde in den USA rebelliert gegen den Film, weil er Einwanderer aus Italien verunglimpfen würde, und außerdem ist kaum Geld für die Produktion vorhanden. Als Regisseur kommt der wenig bekannte Jungfilmemacher Francis Ford Coppola (Dan Fogler) an Bord, Buchautor Puzo soll das Drehbuch schreiben – was zum Problem wird, weil er zu langsam ist. Dafür blitzt Ruddy bei seinem Chef Evans mit Coppolas dringlichstem Wunsch ab, den aufstrebenden Theaterschauspieler Al Pacino (Anthony Ippolito) für die zweite Hauptrolle des Michael Corleone zu besetzen. Außerdem setzt der New Yorker Pate Joe Colombo (Giovanni Ribisi) Ruddy und sein Team unter Druck, den Film nicht zu produzieren.

Miles Teller, Dan Fogler und Patrick Gallo in „The Offer“ (© Paramount Pictures)

Hinter den Kulissen von „Der Pate“

Die Serie „The Offer“ beleuchtet in zehn zwischen 51 und 68 Minuten langen Episoden die Anfänge des Projekts „Der Pate“, die Adaption des Drehbuchs durch Francis Ford Coppola und Autor Mario Puzo, die Produktion durch das Studio Paramount, die epischen Dreharbeiten und den erfolgreichen Kinostart. Wir erfahren, wie sich der Regisseur diesem komplizierten Unterfangen näherte, das von den Studio-Oberen mit großer Skepsis betrachtet und oft genug torpediert wurde. Coppola setzte alles daran, die schwierige Hollywood-Diva Marlon Brando (Justin Chambers) für die Besetzung zu gewinnen und wie er noch mehr um Al Pacino kämpfte – einen jungen Theaterschauspieler, der im Filmgeschäft kaum bekannt war, hier aber gegen alle Widerstände sein unglaubliches Talent entfaltete.

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Basierend auf den Erinnerungen von Produzent Al Ruddy

Erzählt wird das Ganze aus der Perspektive von Al Ruddy, was sich zum Teil als kleiner Schönheitsfehler erweist. Denn der echte, heute 93-jährige Veteran, auf dessen Erinnerungen und Anekdoten das Drehbuch basiert, begleitete die Serie als ausführender Produzent. Wer „The Offer“ sieht, bekommt den Eindruck, dass Ruddy die dicksten Eier Hollywoods hat – jedenfalls wird das oft genug explizit erwähnt. Egal wie schwierig und verfahren die Situation ist, Ruddy behält immer die Nerven aus Stahl und findet Lösungen für unlösbare Probleme – und sieht dabei auch noch cool aus. Sympathisch ist er trotzdem, dieser Tausendsassa. Spannender aber sind die Charakterzeichnungen von Regisseur Francis Ford Coppola, Drehbuchautor Mario Puzo, Paramount-Vize Bob Evans und Studioboss Charlie Bluhdorn. Der wunderbare Dan Fogler („Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind“) spielt Coppola als schwierigen, aber liebenswert-schrulligen Freigeist, der seine Vision verwirklichen will, obwohl er weiß, dass er allein gegen das profitorientierte Studiosystem keine Chance hat. Ruddy ist sein Bulldozer, der alle seine Wünsche bei den Bossen durchdrückt.

Miles Teller und Juno Temple in „The Offer“ (© Paramount Pictures)

Tolle Nebenfiguren begeistern

Fogler harmoniert bestens mit Patrick Gallo („The Irishman“) als Mario Puzo, der mit seinem Bestseller unverhofft Weltruhm erlangte, aber mit dem Drehbuch überfordert ist. Puzo und Coppola sind kreative Brüder im Geiste. Ihre Diskussionen über kleinste Details der Verfilmung sind ebenso köstlich wie ihre gemeinsame Vorliebe für ungesundes Essen – was man beiden ansieht. Der heimliche Star von „The Offer“ ist aber Matthew Goode („The Imitation Game“) als Paramount-Führungskraft – ein flamboyanter Dandy, der politisch in der Firma zwischen alle Fronten gerät. Und dann ist da noch Burn Gorman („The Dark Knight Rises“) als halb-irrer Paramount-Chef Charlie Bluhdorn. Er überdreht seine Figur als charmanter Choleriker wie in einer Screwball-Komödie, findet aber immer im richtigen Moment die Bodenhaftung, so dass es ein Heidenspaß ist, Gorman bei seinen Eskapaden auf der Mattscheibe zu folgen.

Nach realen Ereignissen, aber mit vielen Freiheiten

Die Serie ist zweifellos von realen Ereignissen inspiriert, nimmt sich aber einige großzügige Freiheiten, um die Situationen dynamischer zu gestalten. Insgesamt gelingt es „The Offer“, alle Herausforderungen der Filmproduktion nachzuzeichnen. Vor allem Cineasten kommen auf ihre Kosten. Ähnlich wie Damien Chazelles dreistündiges Traumfabrik-Epos „Babylon – Rausch der Ekstase“ führt die Serie mit diebischer Freude hinter die Kulissen der Hollywood-Maschinerie. Wir erleben hautnah, wie damals Filme produziert wurden, erfahren von den strengen Hierarchien in den Studios und dem künstlerischen und finanziellen Druck, dem Regisseure und Schauspieler ausgesetzt waren. Die liebevoll gestalteten Kulissen und Kostüme verleihen den Figuren Leben und Farbe und schaffen so eine visuell realistische Rekonstruktion des Amerikas der 70er Jahre.

Matthew Goode in „The Offer“ (© Paramount Pictures)

Mafia-Nebenplot als Schwachpunkt

So faszinierend der Blick hinter die Kulissen Hollywoods auch sein mag, es gibt ein Element, das sich Schöpfer Michael Tolkin und sein Co-Autor Leslie Greif in dieser Form besser gespart hätten. Offenbar wollten sie unbedingt Mafia-Flair in die Serie bringen, übertreiben aber den Einfluss der Cosa Nostra auf den Film mit einer eigenen Nebenhandlung. Auch wenn die Verbindungen authentisch ein solle, wirken die Mafiosi leider – ganz im Gegensatz zu „Der Pate“ – nicht selten wie Karikaturen, was ärgerlich ist. In diesen Szenen sieht „The Offer“ wie eine mittelmäßige Standardserie ohne großen Anspruch aus.

Fazit: „The Offer“ ist eine keineswegs perfekte, aber elektrisierende Film-im-Film-Serie über die Entstehung von „Der Pate“, die von ihren köstlichen Charakteren und den vielen Details aus der Traumfabrik der frühen 1970er Jahre lebt. Sie bietet nicht nur einen detailversessenen Blick hinter die Kulissen eines der größten Filme aller Zeiten, sondern gewährt auch Einsicht in die dynamische Welt des damaligen Hollywood.

Streaming: „The Offer“ ist seit dem 8. Dezember 2022 im Abo auf Paramount+ abrufbar.

Wertung4 / 5
Produktionsland

USA 2022

Cast & Crew

Miles Teller

Albert „Al“ Ruddy

Matthew Goode

Robert „Bob“ Evans

Dan Fogler

Francis Ford Coppola

Burn Gorman

Charles Bluhdorn

Colin Hanks

Barry Lapidus

Giovanni Ribisi

Joseph „Joe“ Colombo

Juno Temple

Bettye McCartt

Jake Cannavale

Caesar Romano

Josh Zuckerman

Peter Bart

Patrick Gallo

Mario Puzo

Lou Ferrigno

Lenny Montana

Justin Chambers

Marlon Brando

Nora Arnezeder

Francoise Glazer

Frank John Hughes

Frank Sinatra

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