Violent Night
Ein Weihnachtsfilm als brutales Schlachtest
Wenn der Norweger Tommy Wirkola einen Weihnachtsfilm dreht, dürfte Genre-kundigen Zuschauern klar sein, dass es überschaubar besinnlich wird. Der Regisseur von „Dead Snow“ und „Hänsel und Gretel: Hexenjäger“ mischt für „Violent Night“ altbekannte Versatzstücke aus „Kevin – Allein zu Haus“ mit brachialer Berserker-Action à la „John Wick“, gibt ein wenig „Stirb langsam“-Gestus hinzu und fertig ist der Weihnachtsfilm der besonderen Art – garniert mit einer Extraprotion Gore, die in nicht allzu ferner Vergangenheit eine saftige FSK-18er-Freigabe zur Folge gehabt hätte – heute aber gerade noch als ab 16 durchgeht. Der bisher nicht als Virtuose aufgefallene Wirkola hat aber vor allem in der ersten Hälfte des Schlachtfests große Probleme mit einem einheitlichen Erzählton, erst spät findet „Violent Night“ seinen Rhythmus und Charme – den „Stranger Things“-Star David Harbour exklusiv beisteuert.
Seit 1.000 Jahren schon arbeitet der einstmals blutrünstige Wikinger Nicomund (David Harbour) nun schon als Weihnachtsmann und bringt den Kindern als Santa Claus die Geschenke. Doch nach so langer Zeit ist der Griesgram amtsmüde und spielt mit dem Gedanken, in Ruhestand zu gehen. Doch der Routineauftrag, der steinreichen Unternehmerfamilie um Matriarchin Gertrude Lightstone (Beverly D’Angelo) die Bescherung zu versüßen, soll alles verändern. Nicht nur, dass er mit der kleinen Trudy (Leah Brady) sofort Freundschaft schließt, die Bande um Gangsterboss Jimmy Martinez (John Leguizamo) ist bei ihrem Überall auf die Familie Lightstone am Heiligabend so unartig, dass Santa Claus sauer wird und einschreitet. Er beginnt, die Truppe von Martinez, der sich auch Scrooge nennt, einer nach dem anderen zu massakrieren. Ihr Plan, Gertrude um drei Millionen Dollar aus dem hauseigenen Safe zu erleichtern, verkompliziert sich durch die Anwesenheit des wehrhaften Weihnachtsmanns.

Wie ein „Saturday Night Live“-Sketch aus der Hölle
Die Grundidee ist durchaus charmant – wie ein höllischer „Saturday Night Live“-Sketch: Ein militanter Santa Claus wird zum totalen Berserker und verteidigt eine hilflose Familie gegen einen fiesen Scrooge. Und die Schlagzahl, die Regisseur Tommy Wirkola vorlegt, ist enorm. Der Norweger macht keine Gefangenen. Bei „Violent Night“ geht es hart zur Sache. Das steht aber erst einmal im krassen Kontext zur Geschichte, die der Regisseur erzählt. Warum sich die Drehbuchautoren Pat Casey und Josh Miller gerade die Kotzbrocken-Familie Lightstone als Protagonisten ausgesucht haben, leuchtet nie ein. Bis auf die kleine Trudy sind alle Mitglieder des Clans unsympathisch bis unerträglich, was sich in nervigen familiären Streitereien äußert. Dazu sind die Bösewichte auch nur klischeehafte Pappkameraden.
Wirkola findet lange Zeit nicht den stimmigen Erzählton
Überhaupt hat Wirkola Probleme, die beiden Stränge von brutalem Home-Invasion-Thriller und belanglosem Weihnachtsfamilienscharmützel erzählerisch kompatibel zusammenzuführen. Der Ton passt hier nicht, wenn Genre-Trash auf harmlose „Kevin – Allein zu Haus“-Witze trifft. Das ändert sich erst im letzten Drittel, als der Filmemacher seine Geschichte komplett eskalieren lässt und aus „Violent Night“ ein ultrabrutales Schlachtfest macht, in dem Santa Claus mit den Gangstern in einen knallharten Infight geht. All der erzählerische Nonsense ist jetzt beiseitegeschoben und der charismatische David Harbour zeigt den Schurken, wo Bartel den Most holt.

Fazit: Tommy Wirkola hatte schon immer schräge Ideen und bringt Geschichten zusammen, die nicht zusammengehören. Das treibt der Regisseur in seinem Crossover aus Weihnachtsfilm und Horror-Slasher brutal auf die Spitze. „Violent Night“ braucht jedoch eine lange Anlaufzeit – erst im finalen Akt, als alle Hemmungen fallen, macht das Gorefest richtig Spaß.
Deutscher Kinostart von „Violent Night“: 1. Dezember 2022.
Seit 16. Februar 2023 auf Blu-ray & DVD erhältlich.
Produktionsland | USA/Kanada 2022 |
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Wertung | 2,5 / 5 |
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