Murder Mystery 2
Starbesetzte lahme Whodunit-Komödie am Rande der eigenen Parodie
Adam Sandlers bisher letzte bedeutende Kinorolle datiert mit „Pixels“ bereits aus dem Jahr 2015. Danach schloss der Komiker einen Mega-Deal mit dem Streaminggiganten Netflix ab und gab seine große Leinwandkarriere auf. Finanziell fährt der New Yorker mit dem Exklusiv-Deal vermutlich sogar besser, zudem ist der Druck, am Box Office zu performen, nun weg. Anders als im Kino spielt bei Netflix weder die Qualität eines Films eine übergeordnete Rolle noch die Kritiken. Nur klingende Namen zählen! Und so lieferten Sandler und „Friends“-Ikone Jennifer Aniston 2019 mit der Krimi-Komödie „Murder Mystery“ einen der größten Hits überhaupt auf dem Streamingportal. Vier Jahre später kommt mit „Murder Mystery 2“ die unvermeidliche Fortsetzung, in der sich Regisseur Jeremy Garelick nicht so recht entscheiden kann, ob er einen komödiantischen Whodunit oder eine Parodie darauf inszenieren will. Das „Murder Mystery“-Sequel ist der typische Netflix-Film, das perfekte Hintergrundrauschen für die Streaming-Endlosschleife. Man lässt sich einfach berieseln.
Vier Jahre nachdem der ehemalige Streifenpolizist Nick Spitz (Adam Sandler) und seine Frau Audrey (Jennifer Aniston), eine kriminalbegeisterte Friseurin, den Mord an Malcolm Quince aufgeklärt haben, eröffnet das Paar eine Detektei. Doch die läuft nur mäßig. Deshalb freuen sich Nick und Audrey, als der Maharaja Vikram (Adeel Akhtar) sie zu seiner bevorstehenden Hochzeit mit der Französin Claudette (Mélanie Laurent) auf eine abgelegene Trauminsel einlädt. Sein Bekannter aus dem Quince-Fall zelebriert seinen Reichtum auf exzessive Weise, was Gangster auf den Plan ruft. Vikrams neuer Leibwächter Mr. Lou (Larry Myo Leong) wird noch vor der Zeremonie im Trubel der Gäste ermordet und Vikram mit einem Boot entführt. Nick und Aubrey beginnen sofort mit den Ermittlungen, Verdächtige gibt es genug. 70 Millionen Dollar Lösegeld fordern die Entführer. Als der professionelle Geiselbefreier Miller (Mark Strong) mit seinem Team auftaucht, werden die Spitzes zunächst in den Hintergrund gedrängt, doch als sich die Jagd nach Maharaja Vikram nach Paris verlagert, sind sie plötzlich wieder mittendrin.

Eskapismus und ironische Spitzen
Eines muss man Netflix lassen: Der Streamingdienst kennt keine Hemmungen. „Murder Mystery 2“ beginnt einfach mit einer Zusammenfassung des ersten Teils – was im Kino verpönt ist und allenfalls gelegentlich bei Filmen für die ganz Kleinen zum Einsatz kommt. Regisseur Jeremy Garelick („The Wedding Ringer“) setzt zu Beginn auf klassischen Eskapismus wie er zuletzt in „Shotgun Wedding“ oder „Ticket ins Paradis“ zu sehen war: Vor traumhafter Inselkulisse und überbordendem Luxus sind es kleine, verrückte Details wie Flamingos und Giraffen mit Windeln (damit sie nicht den Rasen vollscheißen), die hier außergewöhnlich sind. Und wenn sich die Spitzes diebisch über die teuren Gastgeschenke freuen oder Audrey sich am exquisiten Buffet prollig den Teller volllädt, setzt Garelick ein paar nette ironische Spitzen.
In Paris verkommt die Handlung zu 08/15-Chaos
Mit der abrupten Verlagerung des Geschehens nach Paris geht es mit „Murder Mystery 2“ allerdings bergab. Die Handlung ist nicht nur flach, sondern bietet neben den beiden Hauptfiguren, die immerhin ansatzweise ausgearbeitet sind, nur Pappkameraden als Charaktere, an denen man als Zuschauer keinerlei Anteil nimmt. Wer denn letztendlich hinter Vikrams Entführung steckt, spielt überhaupt keine Rolle. Es ist schlicht egal, was für einen Whodundit fatal ist. Hat der Auftakt auf der Insel noch einen passablen Rhythmus, schaltet Garelick mit dem überraschenden Ortswechsel nach Paris in den Hyperdrive und lässt die Figuren wie in einer aus dem Ruder gelaufenen Scharade aufeinanderprallen, während die mäßig begabten Detektive Nick und Audrey Spitz inmitten des Getöses versuchen, den Fall zu lösen. Doch „Murder Mystery 2“ bleibt ein Film zwischen den Stühlen. Für einen ernsthaften Rätsel-Thriller sind die Charaktere zu eindimensional und für hemmungslosen Slapstick-Humor wie bei den „Pink Panther“-Filmen ist das „Murder Mystery“-Sequel nicht albern genug und verfügt auch nicht über so unvergessliche Figuren. Und mit seiner hyperaktiven Überinszenierung wirkt der Film manchmal eher wie eine Parodie seiner selbst als wie ein plotgetriebener Krimi.

Nur die Starpower von Sandler und Aniston auf der Habenseite
So hängt am Ende alles von der Starpower von Adam Sandler und Jennifer Aniston ab, um zu retten, was zu retten ist. Die Chemie zwischen den beiden, die neben dem ersten Teil auch schon in „Meine erfundene Frau“ (2011) gemeinsam vor der Kamera standen, stimmt nach wie vor. Mit rustikaler Verve und voller Energie spielen sie ihr bauernschlaues Paar. Sandler scheint sich damit abgefunden zu haben, für Netflix belanglose Komödien am Fließband abzuliefern. Seine künstlerischen Sporen verdient er sich zwischendurch mit brillanten (und hochgelobten) Auftritten wie im Thriller-Drama „Der schwarze Diamant“ (2019) oder zuletzt in dem Sport-Drama „Hustle“ (2022).
Fazit: Wem „Knives Out“ oder „Glass Onion: A Knives Out Mystery” zu anspruchsvoll oder kompliziert sind, der kommt bei Jeremy Garelicks chaotischer Krimi-Komödie „Murder Mystery 2“ voll auf seine Kosten. Nur die Starpower von Adam Sandler und Jennifer Aniston hält den spannungsarmen Whodunit in dieser hektischen Inszenierung mühsam über Wasser.
Streaming: „Im Westen nichts Neues“ ist seit dem 31. März 2023 im Abo auf Netflix abrufbar.
Wertung | 2 |
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Produktionsland | USA 2023 |
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