John Wick: Kapitel 4

2023170 minab 18, ,

Hyperstylish und ultrabrutal: ein unfassbar gutaussehendes Todesballett

Nachdem seine Karriere 2014 mit dem 175-Millionen-Dollar-Flop „47 Ronin“ und dem Scheitern seines eigenen Regieprojekts „Man Of Tai Chi“ gefährlich nahe am Abgrund balancierte, erfand sich „Matrix“-Star Keanu Reeves mit dem kleinen, nur 20 Millionen Dollar teuren B-Movie „John Wick“ neu. Die furios inszenierte infernalische Gewaltorgie traf den Nerv des Publikums, und innerhalb von knapp zehn Jahren entwickelte sich dank stetig wachsender Popularität ein ganzes Franchise. John Wick ist Teil der Popkultur geworden. Mit dem vierten Teil legt Regisseur Chad Stahelski die Latte noch einmal höher. „John Wick: Kapitel 4“ ist der ultimative Höhepunkt der Reihe und bietet noch mehr Action, noch mehr Tote, noch mehr Gewalt, noch mehr Stil! Noch nie sah ein Kugelhagel auf der Kinoleinwand so gut aus wie in „John Wick 4“.

Nachdem Jonathan „John“ Wick (Keanu Reeves) vom Bowery King (Laurence Fishburne) vor dem Tod gerettet wurde, hat sich der von der Hohen Kammer exkommunizierte Unterweltkiller erholt und sinnt auf Rache an der Organisation. Doch der Mord am Ältesten (George Georgiou) der Gilde in Jordanien bringt John nur noch mehr Ärger ein. Denn das ruft den Marquis Vincent de Gramont (Bill Skarsgard) auf den Plan. Er soll John Wick vernichten und heuert dafür den blinden Killer Caine (Donnie Yen) an. Gleichzeitig schließt der Marquis das Continental Hotel in New York und tötet den Concierge Charon (Lance Reddick), Manager Winston (Ian McShane) bleibt jedoch verschont. Währenddessen versteckt sich John Wick bei seinem treuen Freund Shimazu Koji (Hiroyuki Sanada) im Continental in Osaka. Doch die Schergen der Hohen Kammer stehen bereits vor der Tür und richten ein Massaker an. John gelingt die Flucht nach Berlin, wo er bei den Ruska Roma Unterschlupf findet. Die Anführerin Katia (Natalia Tena) nimmt ihn unter einer Bedingung wieder auf: Er soll den Mörder ihres Vaters umbringen.

Keanu Reeves in „John Wick: Kapitel 4“ (© Leonine Studios)

„John Wick 4“: Höher, schneller, weiter

„John Wick“ wird von Film zu Film größer. Das Budget stieg von 20 über 40 auf 75 Millionen Dollar und erreichte mit „John Wick: Kapitel 4“ schließlich die 100-Millionen-Marke. Aus einem B-Movie ist in der vierten Ausgabe ein 170-minütiges Action-Epos geworden. Das Geld ist bestens investiert, denn Mastermind Chad Stahelski, der sich vom „Matrix“-Stuntkoordinator zu einem der besten Actionregisseure der Gegenwart entwickelt hat, brennt hier ein infernalisches Gewaltfeuerwerk um Moral und Ehre ab, das so beeindruckend edel aussieht wie vielleicht noch kein Actionfilm zuvor. Die aufwendigen Sets an Schauplätzen wie Jordanien, New York, Osaka, Berlin und Paris sind schlicht atemberaubend.  Stahelski dreht hier die großen Räder.

Grandiose Set Pieces

Mit viel Handlung hält sich der Regisseur nicht auf, „John Wick: Kapitel 4“ kennt nur eine Gangart: Vollgas nach vorne. Vor dem Gemetzel, das sich die Attentäter der Hohen Kammer mit John Wick und seinen Sympathisanten liefern, werden kurz ein paar weise Worte gewechselt, dann rasseln die Säbel und fliegen die Kugeln. Besondere Highlights der meist in riesigen Innenräumen wie Clubs oder öffentlichen Einrichtungen angesiedelten Set Pieces sind die an Quentin Tarantinos „Kill Bill“ erinnernde Action im Continental in Osaka und das komplette Szenario in Berlin, wo neben der packenden Atmosphäre auch charismatische Gegenspieler wie Killa Harkan (Scott Adkins) auftauchen, ein übergewichtiger Kampfkünstler mit goldenem Gebiss, der John Wick schwer zu schaffen macht.

Rina Sawayama und Hiroyuki Sanada in „John Wick: Kapitel 4“ (© Leonine Studios)

Starkes Ensemble mit charismatischen Figuren

Keanu Reeves („Matrix Resurrections“) ist und bleibt natürlich der Dreh- und Angelpunkt. Wie ein unermüdliches Stehaufmännchen berserkert sich der Star wieder grimmig, manchmal nur Oneliner raunend, durch den Film und treibt den Body Count seiner Figur auf über 140 Tote – was den internen Franchise-Rekord bedeutet. Reeves spielt John Wick verbittert über die Unnachgiebigkeit der Hohen Kammer und gleichzeitig auf der Suche nach Erlösung. Aber auch die Nebendarsteller überzeugen, bemerkenswert ist die Ehre und Würde, die Hiroyuki Sanada („Bullet Train“) als Koji ausstrahlt. Das Charisma von Ian McShane („Deadwood“) als Winston ist ungebrochen. Gleiches gilt für Bill Skarsgard („Es“) als Bösewicht Marquis Vincent de Gramont. Aber ebenso wichtig und beeindruckend sind Donnie Yen („Ip Man“) als blinder Caine und Shamier Anderson („Destroyer“) als Tracker. Denn beide Figuren sind völlig undurchsichtig. Als Zuschauer weiß man nie, ob sie tatsächlich gegen John Wick agieren oder sich am Ende als Verbündete entpuppen könnten. Das hilft der Griffigkeit der Story ungemein, denn das brutale Dauergemetzel hat inhaltlich wenig Greifbares außer dem Zelebrieren des Kodex zu bieten. Die verschiedenen Organisationen, die hier und da auftauchen, tasten sich zwar ein wenig ab, aber meist fliegen schnell die ersten Messer oder Kugeln.

Ermüdungserscheinungen bei drei Stunden Dauergemetzel

Dieser Mangel an Substanz ist noch nicht einmal ein großer Schwachpunkt von „John Wick: Kapitel 4“, denn das ist schließlich das gewagte Konzept: Man baut sich in der Unterwelt ein Paralleluniversum auf, in dem mit Goldmünzen bezahlt wird und alles nach ehernen Gesetzen und Ritualen geregelt ist, und dann geht’s ab. Diese Raserei treibt Chad Stahelski im vierten Teil auf die Spitze, so dass sich manchmal ein wenig Ermüdung einschleicht, wenn John Wick das nächste Dutzend Schergen ins Jenseits befördert hat und immer neue Killer auftauchen, um ihn zu stoppen. In der Schlusssequenz am Sacre Coeur in Paris übertreibt es der Regisseur dann auch ein wenig mit der stylischen Gaga-Action, denn hier mutiert John Wick, der Godfather der modernen Berserker, zum Übermenschen. Aber auch dieser kleine Makel ist verzeihlich, denn die Drehbuchautoren Michael Finch („Army Of The Dead“) und Shay Hatten („Predators“) kommen wenig später mit einem Ende um die Ecke, das unglaublich clever und befriedigend ist. Hier zeigt sich eindrucksvoll, wie sehr sich die „John Wick“-Reihe weiterentwickelt hat, weil die Autoren immer wieder clevere Storyeinfälle einstreuen, die das Gemetzel auflockern.

Ian McShane und Bill Skarsgard in „John Wick: Kapitel 4“ (© Leonine Studios)

Fazit: Der als Franchise-Abschluss konzipierte, hyperstilistische und ultrabrutale Action-Thriller „John Wick: Kapitel 4“ ist ein unfassbar gutaussehendes Todesballett, das den unkaputtbaren Protagonisten im Paralleluniversum der Unterwelt an spektakuläre Schauplätze rund um den Globus führt.

Deutscher Kinostart von „John Wick: Kapitel 4“: 23. März 2023.

Wertung4 / 5
Produktionsland

USA 2023

Cast & Crew

Keanu Reeves

Jonathan „John“ Wick

Bill Skarsgard

Marquis Vincent de Gramont

Ian McShane

Winston

Shamier Anderson

Tracker / Mr. Nobody

Clancy Brown

Der Vorbote

Hiroyuki Sanada

Shimazu Koji

Scott Adkins

Killa Harkan

Laurence Fishburne

The Bowery King

George Georgiou

Der Älteste

Kommentar verfassen

There are no reviews yet.