Infinity Pool

2023117 minab 18, ,

Ein wilder Trip voller Gewalt und Exzess – ein echter Cronenberg

Die Science-Fiction-Horror-Satire „Infinity Pool” ist ein echter Cronenberg – allerdings von Brandon Cronenberg. Der Junior von Altmeister David hat sich mit „Antiviral“ und „Possessor“ bereits einen Namen im Stammgenre seines ikonischen Vaters („Tödliche Versprechen”, „A History Of Violence”) gemacht. Thematisch sind die Filme der beiden kaum zu unterscheiden. Denn inszenatorisch hat sich Brandon für seinen dritten Kinofilm einiges abgeschaut. Der schräge Trip „Infinity Pool” ist sein bisher bestes Werk – auch wenn es etwas an Tiefgang mangelt. Cronenberg beschäftigt sich auf radikale Weise mit der Frage, wie viel Freiheit man sich mit Geld kaufen kann und siedelt sein Setting in einem exotischen Inselresort an. Durchzogen von fiebrigen Einfällen ist „Infinity Pool” ein wilder Trip voller Gewalt und Exzess in seinen hässlichsten und lustvollsten Formen.

Der erfolglose Schriftsteller James Foster (Alexander Skarsgard) verbringt mit seiner reichen Frau Em (Cleopatra Coleman) die Ferien auf der Insel Li Tolqa. Die Gäste genießen den Luxus des abgeschotteten Resorts, dürfen aber aus Sicherheitsgründen das umzäunte Gelände nicht verlassen. Das Ehepaar Gabi (Mia Groth) und Alban (Jalil Lespert) überredet sie jedoch zu einem Ausflug mit einem geliehenen Auto über die Insel. Nach viel Spaß und Alkohol überfährt James auf dem Rückweg auf einer abgelegenen Straße einen Einheimischen. Zwar schaffen es die vier zurück ins Resort, doch schon bald führt die Spur zu James, der von der korrupten örtlichen Polizei verhaftet wird. Auf sein Verbrechen steht die Todesstrafe, vollstreckt von einem Familienmitglied des Toten. Der zuständige Polizist Tresh (Thomas Kretschmann) bietet James einen Deal an: Gegen Geld kann er sich freikaufen. Der Staat erschafft einen Klon von James, der an seiner Stelle die Strafe verbüßen soll. Kurze Zeit später beobachtet der Verurteilte seinen eigenen Tod – beziehungsweise den seines Klons.

Mia Goth in „Infinity Pool“ (© Universal Pictures)

Satirische Seitenhiebe auf die Wohlstandsgesellschaft

„Infinity Pool” beginnt ganz harmlos und vermeintlich konventionell, wenn das Paar James und Em versucht, sich in einem Inselresort zu erholen und dabei vielleicht auch ihre Beziehung neu zu definieren. Doch dann schleichen sich Merkwürdigkeiten ein. Was für ein Staat ist dieses (fiktive) Li Tolqa eigentlich? Ein totalitärer! Warum macht man dort Urlaub? Hier setzt Brandon Cronenberg seinen ersten satirischen Seitenhieb auf die westliche Wohlstandsgesellschaft, die sich auch dort, wo die Menschen in Armut leben, mit ruhigem Gewissen erholt – Hauptsache, die Landschaft ist atemberaubend.

Eine surreale Orgie aus Gewalt und Sex

Warum „Infinity Pool” ein Schocker ist, zeigt sich zum ersten Mal nach einer guten halben Stunde. Doch das erste Fanal setzt Mia Goths Figur Gabi, als sie dem verdutzten James unvermittelt im Gebüsch einen runterholt. Hier ist Cronenberg sehr explizit, die FSK-18-Freigabe basiert nicht nur auf den späteren Gewaltexzessen, sondern auch auf den freizügigen Sexszenen. Der Regisseur macht keine Gefangenen. „Infinity Pool” steigert sich zu einer surrealen Orgie aus Gewalt und Sex.

Der Film springt schnell von Szene zu Szene und führt seltsame neue Handlungsmechanismen ein, die sich schnell festsetzen und zu einer psychedelischen und verwirrenden Erfahrung auswachsen. Denn irgendwann wirft Cronenberg die spannende Frage auf: Wer wurde wirklich getötet? Das Original oder der Klon? Ist das so klar? James durchlebt eine unerklärliche Veränderung, nachdem er Zeuge seines eigenen Todes geworden ist, der auf ihn eine erstaunlich befreiende Wirkung hat. Diese Befreiung von der Sterblichkeit führt auch zu einer Freiheit von Konsequenzen, und er wird in eine geheime Gruppe wohlhabender Menschen aufgenommen, deren Reichtum sie in ähnlicher Weise abgeschirmt hat. Die Gruppe zelebriert einen kultischen Hedonismus mit unbegrenztem Lebensrecht und regiert mit Gewalt und im Vandalismus. Hier dominiert das Visuelle über die inhaltliche Tiefe, die Raserei über die Substanz.

Mia Goth und Alexander Skarsgard in „Infinity Pool“ (© Universal Pictures)

Alexander Skarsgard und Mia Goth überzeugen

Alexander Skarsgards („The Northman“) James treibt den Film immer wieder auf sein emotionales Ziel zu. Seine Figur ist ein Neuling auf dem Gebiet der hemmungslosen Partys, mit einem Hauch von Empathie und Zögern, was zu Spannungen zwischen ihm und der größeren Gruppe führt. Die Bösartigkeit der Zerstörung, die sie anrichten, erschüttert James‘ Gefühlswelt. Er wird mit der abscheulichen Realität seiner Taten konfrontiert und ist hin- und hergerissen zwischen seiner ursprünglichen Form von Moral und seinem überkompensierenden Verhalten von entmenschlichender Gewalt und Kontrolle. Als Gegenpol zu James’ Restmoral brilliert Scream-Queen Mia Goth („Susperia“) als Gabi, die vor toxischer Energie und absoluter Furchtlosigkeit strotzt.

Fazit: Der satirische Science-Fiction-Horror „Infinity Pool“ ist ein avantgardistischer Kommentar auf die zersetzende Natur des Reichtums und die Folgen des Exzesses – purer filmischer Rausch, mit expliziten Sexszenen und verstörenden Gore-Einlagen. Der Schocker bietet viel aufregende Oberfläche und weniger substanzielle Tiefe.

Deutscher Kinostart von „Infinity Pool“: 20. April 2023.

Wertung

3,5

Produktionsland

Kanada/Kroatien/Ungarn 2023

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