Heat

1995171 minab 16, , ,

Ein bahnbrechendes, makelloses Meisterwerk des Kriminalfilms

Das Wichtigste vorweg: Michael Manns Crime-Drama „Heat“ aus dem Jahr 1995 ist der beste Kriminalfilm der Hollywood-Geschichte – das zeigt auch der Einfluss, den dieses fast dreistündige, elektrisierende „Cop jagt Gangster“-Meisterwerk auf gleich mehrere Bereiche hatte. Das Echo reicht bis tief in die Gesellschaft und Popkultur hinein. In der Gamingindustrie wurden in den Megasellern „Grand Theft Auto IV + V“ ganze Sequenzen aus „Heat“ eins zu eins nachgespielt, Christopher Nolan ließ sich von Manns Film für den Anfang seines Meilensteins „The Dark Knight“ inspirieren, und sogar Gangs haben sich nachweislich von der Vorgehensweise der Bankräuber aus „Heat“ zu Überfällen beeinflussen lassen. Auf der anderen Seite des Gesetzes spielen Rekruten der US Navy die legendäre bleihaltige Kino-Straßenschießerei nach, um zu üben, wie man sich unter Beschuss verteidigt. Mit „Heat“ ist Regisseur Michael Mann ein beeindruckendes Meisterwerk gelungen, denn der Neo-Noir-Film ist in jeder Hinsicht herausragend – von den grandiosen schauspielerischen Leistungen über die packend-perfekte Inszenierung und den unwiderstehlichen Score bis hin zum betörenden stahlblauen Look von Kameramann Dante Spinotti.

Los Angeles: Die Gang um den Anführer Neil McCauley (Robert De Niro) überfällt einen Geldtransporter, um 1,6 Millionen Dollar in Inhaberschuldverschreibungen zu erbeuten. Seine Stammbande um seine rechte Hand Chris Shiherlis (Val Kilmer) und Michael Cheritto (Tom Sizemore) muss für den Job um zwei neue Mitglieder erweitert werden, da der ursprünglich vorgesehene Trejo (Danny Trejo) kurzfristig absagen muss. Dafür springt der frisch aus dem Knast entlassene Kleinkriminelle Donald Breedan (Dennis Haysbert) als Fluchtwagenfahrer ein. Der aus Verlegenheit angeheuerte Gangster Waingro (Kevin Gage) erweist sich hingegen als Sicherheitsrisiko, weil er sein Temperament nicht unter Kontrolle hat. Er erschießt grundlos einen Wachmann, was das Los Angeles Police Department in helle Aufregung versetzt, um McCauleys Bande dingfest zu machen. An vorderster Front ermittelt Lieutenant Vincent Hanna (Al Pacino) und kommt den Gangstern langsam, aber sicher auf die Spur. Obwohl McCauley von seinem Hehler und Hintermann Nate (Jon Voight) gewarnt wird, plant er einen weiteren Banküberfall, bevor er sich mit seiner neuen Freundin Eady (Amy Brenneman) absetzen will. In der Bank läuft zunächst alles glatt, doch mit den Taschen voller Geld gerät die Gang in eine heftige Schießerei, bei der Chris angeschossen wird. Hanna und sein Team sind McCauleys Bande dicht auf den Fersen, als diese versucht, unterzutauchen.

Robert DeNiro und Val Kilmer in „Heat“ (© Warner Bros.)

Michael Mann verfilmt seine eigene TV-Film-Vorlage

Mit „Heat“ verfilmt Meisterregisseur Michael Mann („The Insider“) seinen eigenen Fernsehfilm „Showdown in L.A.“ (1989) – wobei die Laufzeit zwischen der TV-Version und der Kinofassung des Stoffes von 97 auf 171 Minuten ansteigt. Für den Grundkonflikt des Films ließ sich Mann von einer wahren Begebenheit aus den 1960er Jahren inspirieren. In Chicago jagte einst der Polizist Chuck Adamson den Kriminellen Neil McCauley und seine Bankräuberbande. Wie im Kinofilm trafen die beiden unverhofft aufeinander und entdeckten ihre gegenseitige Sympathie. Vor allem die ikonische Szene in einem Café, in der die Hauptdarsteller Al Pacino („Der Pate“) und Robert De Niro („Casino“) in scheinbarer Seelenruhe ihre Standpunkte austauschen, wurde zu einer der elektrisierendsten Begegnungen der Filmgeschichte.

„Irgendwer hat mir mal gesagt, du darfst dich niemals an was hängen, das du nicht innerhalb von 30 Sekunden problemlos wieder vergessen kannst, wenn du merkst, dass dir der Boden unter den Füßen zu heiß wird.“

Neil McCauley

Al Pacino und Robert De Niro erstes Aufeinandertreffen auf der Leinwand

Die Sequenz ist von einer unglaublichen Spannung und Tiefe geprägt. Hier zeigt der Film, dass er weit über die Klischees des Genres hinausgeht und sich auf die menschlichen Aspekte seiner Figuren konzentriert. Es gibt keine Action, sondern nur Worte, Gesten und Mimik – und jede einzelne sitzt. McCauley zeigt neben emotionaler Härte einen Hauch von Verletzlichkeit, Cop Hanna muss sich eingestehen, dass er Sympathie für seinen ebenbürtigen Gegner empfindet, auch wenn er keine Sekunde zögern würde, sich zwischen den Gangster und einem Unschuldigen zu entscheiden. Die beiden sind sich ähnlicher, als sie zunächst denken, mit nur einem entscheidenden Unterschied – auf welcher Seite des Gesetzes sie stehen. Das ist ganz großes Kino. Obwohl die Granden Pacino und De Niro beide in Francis Ford Coppolas Meisterwerk „Der Pate II“ (1972) mitspielten, hatten sie dort keine gemeinsame Szene. Das Gipfeltreffen der besten Schauspieler ihrer Generation ist ein Genuss für Filmfans.

Al Pacino in „Heat“ (© Warner Bros.)

Überragende Schauspielleistungen

Während De Niro den kühl kalkulierenden Profi-Gangster gibt, der normalerweise alles im Griff hat, spielt Pacino den hochintelligenten, manischen Cop, der bereit ist, für seinen Job seine Umwelt zu verkaufen. Aber auch in den Nebenrollen gibt es brillante Leistungen und Momente. Wenn Ashley Judd („Doppelmord“) als Chris Shiherlis‘ getrennt lebende Ehefrau Charlene ihren Noch-Ehemann trotz aller Differenzen vom Balkon einer Wohnung aus mit einer winzigen Geste warnt, der wartenden Polizei nicht in die Hände zu fallen, ist das zutiefst berührend. Kilmer spielt Shiherlis als rastlosen, privat unkontrollierten Gangster, der dennoch Liebe für seine Familie empfindet und seinem Boss McCauley tiefe Loyalität entgegenbringt. Aber auch ein halbes Dutzend weiterer Darsteller wie Jon Voight, Tom Sizemore, Diane Venora, Amy Brenneman, William Fichtner oder Natalie Portman leisten Großartiges. Denn eine der großen Stärken des Films liegt in der Vielschichtigkeit seiner Charaktere. Neben den beiden Hauptfiguren werden auch die Nebenfiguren sorgfältig ausgearbeitet und haben ihre eigenen inneren Konflikte und Entwicklungen. Besonders hervorzuheben ist die Darstellung von Hannas selbstmordgefährdeter Stieftochter Lauren (Portman), die sich nach Aufmerksamkeit und Liebe ihrer Eltern sehnt und eine berührende Nebenhandlung im Film darstellt.

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Mehr als ein Cop-Thriller

„Heat“ mag auf den ersten Blick wie ein typischer Krimi erscheinen, doch der actiongeladene Thriller ist viel mehr als das. Denn das Werk überzeugt inhaltlich und visuell gleichermaßen – ein echtes Erlebnis. Trotz der langen Laufzeit vergeht die Zeit wie im Flug, jede Szene ist notwendig, nichts ist überflüssig. Diese melancholische Ballade über das Leben und Sterben in L.A. wird so zu einem Meilenstein des Genres. Absolut perfekt, nicht mehr und nicht weniger. Obwohl „Heat“ im Kern ein Neo-Noir-Charakterdrama ist, sind die Actionszenen beeindruckend und setzen Maßstäbe. Sie sind kreativ, intensiv, packend und hervorragend inszeniert. Die Schießerei während des Banküberfalls gehört zweifellos zu den besten Actionsequenzen der Filmgeschichte.

Robert DeNiro in „Heat“ (© Warner Bros.)

Die gesamte technische Umsetzung von „Heat“ ist einfach perfekt. Die Kameraarbeit von Dante Spinotti ist exzellent. Der für Michael Manns Filme typische Blaustich der Farben schafft visuelle Stimmung, die Atmosphäre ist brillant dicht, die Schnitte sind mathematisch präzise, und der treibene Score von Elliot Goldenthal hebt den Film auf eine andere Ebene, ohne jemals übertrieben eingesetzt zu werden.

Fazit: Michael Manns Crime-Saga „Heat“ ist ein Meisterwerk des Kriminalfilms, das mit seiner bis ins kleinste Detail durchdachten Handlung brilliert. Atemberaubende Darstellungen der Titanen Al Pacino und Robert De Niro, beeindruckende Actionszenen und visionäre Bilder machen den Film zu einem packenden und tiefgründigen Erlebnis für den Zuschauer. Es ist ein Film, der die Spannung bis zur letzten Minute aufrechterhält und gleichzeitig die menschlichen Aspekte der Charaktere erforscht. „Heat“ ist ein Höhepunkt des Krimi-Genres und ein Muss für Cineasten – ein zeitloses Meisterwerk.

Deutscher Kinostart von „Heat“: 29. Februar 1996.

Wertung5 / 5
Produktionsland

USA 1995

Cast & Crew

Robert De Niro

Neil McCauley

Al Pacino

Vincent Hanna

Val Kilmer

Chris Shiherlis

Tom Sizemore

Michael Cheritto

Diane Venora

Justine Hanna

Ashley Judd

Charlene Shiherlis

Natalie Portman

Lauren Gustafson

Wes Studi

Casals

Kevin Gage

Waingro

William Fichtner

Roger van Zant

Dennis Haysbert

Donald Breedan

Hank Azaria

Alan Marciano

Henry Rollins

Hugh Benny

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