Guardians Of The Galaxy Volume 3

Höllisch unterhaltsam und hochgradig emotional: Die „Guardians Of The Galaxy“ nehmen Abschied

Manchmal ist Geld eben doch wichtiger als der eigene eiserne Moralkodex. Nachdem Disney seine goldene Gans, „Guardians Of The Galaxy“-Mastermind James Gunn, wegen provokanter (und alles andere als angemessener) Twitter-Witze aus den Jahren 2008 bis 2011 gefeuert hatte, braute sich ein heftiger Shitstorm der „Guardians“-Fans über dem Mäusestudio zusammen. Viel entscheidender war jedoch, dass die Gunn-treuen Castmitglieder einen dritten Teil der megaerfolgreichen Space-Saga nicht ohne ihren Zeremonienmeister drehen wollten. Im März 2019 lenkte Disney ein und rehabilitierte Gunn, der sich mehrfach für seine geschmacklosen Gags entschuldigt hatte. Dank des Einknickens der Verantwortlichen kann der Filmemacher sein Werk vollenden und mit „Guardians Of The Galaxy Volume 3“ eine denkwürdige Marvel-Trilogie abschließen, die sich inszenatorisch treu bleibt, aber dennoch nach „Guardians Of The Galaxy“ (2014) und „Guardians Of The Galaxy Vol. 2“ (2017) spürbar neue Wege einschlägt. Gunn inszeniert seine Science-Fiction-Action-Komödie als ungewohnt düsteren und emotional überbordenden Abgesang, ohne dabei auf den von den Fans so geschätzten Humor zu verzichten. Dazu ist das Budget von 250 Millionen Dollar ist in den fantastischen Set Pieces jederzeit sichtbar.

Nach der Vernichtung des Megabösewichts Thanos (Josh Brolin) lecken die Guardians auf der ehemaligen intergalaktischen Minenkolonie Knowhere ihre Wunden. Star-Lord Peter Quill (Chris Pratt) ertränkt seinen Frust über den Verlust von Gamora (Zoe Saldana) im Alkohol, während Rocket (Stimme: Fahri Yardim / Bradley Cooper) an seiner traumatischen Vergangenheit zu knabbern hat. Doch dann wird die Kolonie von einem verheerenden Angriff des Kriegers Adam Warlock (Will Poulter) erschüttert. Er wurde von Ayesha (Elizabeth Debicki), der auf Rache sinnenden Sovereign-Hohepriesterin, erschaffen. Rocket verliert nach dem Angriff das Bewusstsein und liegt im Sterben. Doch die Guardians können ihn nicht heilen, denn in ihm steckt ein von der Firma Orgocorp entwickelter Kill Switch, der nur mit einem speziellen Code überschrieben werden kann. Die Guardians um Star-Lord, Drax (Dave Bautista), Mantis (Pom Klementieff), Nebula (Karen Gillian) und Groot (Stimme: Hans-Eckart Eckhardt / Vin Diesel) machen sich auf den Weg in das streng bewachte Hauptquartier von Orgocorp, wo der High Evolutionary (Chukwudi Iwuji) regiert und sich anschickt, durch Experimente eine neue Zivilisation mit geklonten Menschtierwesen auf der Gegenerde zu erschaffen. Unterstützt werden die Guardians von den Ravangers und Gamora, die immer noch in einer alternativen Version existiert, die nicht bei Thanos’ Angriff gestorben ist.

Sean Gunn, Vin Diesel, Chris Pratt, Karen Gillan, Bradley Cooper, Dave Bautista und Pom Klementieff in „Guardians Of The Galaxy Volume 3“ (© Disney)

„Guardians Of The Galaxy“ – die etwas anderen Marvel-Helden

Seit dem Start des Marvel Cinematic Universe im Jahr 2008 hat das Franchise eine unglaubliche Entwicklung durchgemacht. Die Marvel-Filme haben das Kinoerlebnis des Mainstream-Publikums seitdem entscheidend mitgeprägt und eine riesige Fangemeinde auf der ganzen Welt geschaffen. Dabei waren die „Guardians Of The Galaxy“-Filme von Anfang an eine etwas andere Comicverfilmung. Während sich die meisten Marvel-Werke um Superhelden und ihren Kampf gegen das Böse drehen, sind die Guardians eine bunte Truppe von Außenseitern und Antihelden. Ihr Anführer Peter Quill alias Star-Lord ist ein Dieb und Schmuggler, der versehentlich in eine intergalaktische Verschwörung verwickelt wurde. Die anderen Mitglieder der Guardians sind ebenso außergewöhnlich – ein waschechter Baum, ein wütender Waschbär, eine grüne Kriegerin und ein schlichter Muskelprotz. James Gunn schlägt einen humorvollen Ton an, der eine unterhaltsame Mischung aus Action, Abenteuer und Komödie ergibt.

Geniale Eröffnungsszene auf Knowhere

Dieses Setting durchbricht der Regisseur gleich zu Beginn von „Guardians Of The Galaxy Volume 3“. Musik hat in der Trilogie schon immer eine wichtige Rolle gespielt, aber noch nie wurde sie so genialistisch eingesetzt wie in der Eröffnungssequenz. Eine Akustikversion von Radioheads Jahrhundertsong „Creep“ hallt durch die Minenkolonie Knowhere, die Kamera folgt dem entschleunigten Treiben und schwenkt irgendwann auf Rocket Raccoon, der die zutiefst melancholischen Zeilen mitsummt. Mit diesem raffinierten Kniff ist die Stimmung für den gesamten Film mit einem Handstreich gesetzt, die erst im Outro der letzten Szene und dem enthusiastischen Verve von Florence + The Machines „Dog Days Are Over“ ebenso elegant aufgelöst wird. Innerhalb dieser überragenden musikalischen Klammer von Anfang und Ende serviert Gunn seine bewährte Mixtape-Mischung aus Retrosongs. Das sorgt für atmosphärisch-nostalgische Momente wie bei The Flaming Lips’ „Do You Realize?“, Spacehogs „In The Meantime“ oder Epic Geeks „Since You’ve Been Gone“.

Will Poulter und Elizabeth Debicki in „Guardians Of The Galaxy Volume 3“ (© Disney)

Düsterster „Guardians“-Film

Doch um ihr Ziel zu erreichen, müssen die Protagonisten eine abenteuerliche Mission bestehen, die von kaum zu bändigenden Emotionen getragen wird, denn die Guardians kämpfen um das Leben ihres im Koma liegenden Freundes. Tonal zieht James Gunn beim dritten und als Abschluss gedachten Teil düstere Saiten auf. Erzählerisches Herzstück von „Guardians Of The Galaxy Volume 3“ ist die tieftraurige Hintergrundgeschichte von Rocket Raccoon, der durch genetische Experimente entstanden ist und sich schmerzhaft an seine Vergangenheit erinnert. Immer wieder springt die Handlung zurück in Rockets bittere Kindheit in Gefangenschaft des größenwahnsinnigen High Evolutionary und liefert Motivation für die Gegenwart. Mit den Tierversuchen betritt Gunn ein Terrain, das er mit den Guardians noch nicht erkundet hat. Gleichzeitig erklärt er damit den unbändigen Furor, mit dem die Truppe im Hauptquartier von Orgocorp unterwegs ist. Dennoch kommt der gewohnte Humor nicht zu kurz, wenn sich die Teammitglieder gegenseitig Sprüche an den Kopf werfen oder sich mit Gegnern auseinandersetzen. Obwohl Rocket emotional eindeutig im Mittelpunkt des Geschehens steht, bekommt jeder einzelne Guardian während der satten gut zweieinhalbstündigen Spielzeit seine Momente zum Glänzen.

Gunn nimmt ausgiebig Anleihen aus der Filmgeschichte

Strukturell weist die (Anti-)Heldenreise eine gewisse Ähnlichkeit mit George Lucas‘ „Krieg der Sterne“ (1977) und dem Angriff auf den Todesstern auf. Die Guardians betreten wieder besserem Wissen die Höhle des Löwen, um die mächtige Station zu infiltrieren. Dabei setzt James Gunn auf gigantische Set Pieces: Nach der spektakulären Minenkolonie Knowhere, die ein wenig an die Mars-Stadt in Paul Verhoevens Meisterwerk „Total Recall“ erinnert, begeistert vor allem das farbenfrohe Design des Orgocorp-Hauptquartiers und später der absurde Look der Gegenerde, die von seltsamen Menschtierwesen bevölkert wird und ansonsten wie die alte Erde aussieht.

Auch hier nimmt Gunn offensichtliche Anleihen aus der Filmgeschichte und erinnert mit dem Besuch der Guardians-Crew an den Heimatbesuch von Captain Kirk und Mr. Spock in „Star Trek IV: Zurück in die Gegenwart“ (1989). Während Rockets Hintergrundgeschichte Gedanken an „Die Insel des Dr. Moreau“ aufkommen lässt, zollt der Filmemacher mit den spacigen, verschiedenfarbigen Raumanzügen der Guardians Meister Stanley Kubrick und seinem Überklassiker „2001: Odyssee im Weltraum“ Tribut. Gunn hat die unterschiedlichsten Einflüsse einfließen lassen, ohne dabei an Eigenständigkeit und Originalität einzubüßen. Der Film spielt in verschiedenen Welten und Galaxien, und jeder Ort hat seine eigene Ästhetik. Auch die Kostüme und das Make-up der Charaktere sind sehr kreativ.

Miriam Shor, Chukwudi Iwuji und Nico Santos in „Guardians Of The Galaxy Volume 3“ (© Disney)

Bösewicht von der Stange als kleiner Schwachpunkt

Als kleiner Schwachpunkt von „Guardians Of The Galaxy Volume 3“ erweist sich der Bösewicht High Evolutionary, der von Chukwudi Iwuji („John Wick: Kapitel 2“) mit der typischen überkandidelten Mad-Scientist-Attitüde gespielt wird. Seine Motivation der „Weltherrschaft plus“, also die Macht über eine ganze, selbst erschaffene Evolutionsstufe, ist die x-te Variation eines altbekannten Motivs. Dabei bietet der High Evolutionary keine große Angriffsfläche – außer, dass der Verrückte vernichtet werden muss. Spannender ist da schon der Nebenbösewicht Adam Warlock (cool gespielt von Will Poulter), der emotional mit seinem Schicksal hadert und versucht, aus dem Kreislauf des Bösen auszubrechen.

Fazit: „Guardians Of The Galaxy Volume 3“ ist eine höllisch unterhaltsame, hochemotionale Comicverfilmung, die bis an die Grenzen des Tränendrückers geht und mit der Regisseur James Gunn eine außergewöhnliche Trilogie zu einem würdigen Abschluss bringt. Ob der „Legendary Star-Lord” tatsächlich eines Tages zurückkehren wird, wie im Abspann angekündigt, steht nach Gunns endgültigem Wechsel zum Marvel-Konkurrenten DC in den Sternen.

Deutscher Kinostart von „Guardians Of The Galaxy Volume 3“: 3. Mai 2023.

Wertung

4

Produktionsland

USA/Kanada/Neuseeland 2023

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