Fast & Furious 10

2023141 minab 12, ,

Die „Fast & Furious“-Reihe zeigt Abnutzungserscheinungen und ist so abgehoben wie nie zuvor

Die „Fast & Furious“-Reihe besteht seit 2001 – eine lange Zeit. Und wie schon beim Vorgänger zeigen sich auch beim neuesten Teil „Fast & Furious 10“ deutliche Abnutzungserscheinungen. Man wird das Gefühl nicht los, dass Franchise-Babo Vin Diesel und sein Gefolge seit längerer Zeit nur noch im eigenen Sud schmoren. Die Budgets werden immer abenteuerlicher – das aktuelle liegt bei astronomischen 340 Millionen Dollar (!) – und bei den Stunts wurde (in Teil 9) sogar schon die Weltraumbarriere durchbrochen. Und auch der Action-Thriller „Fast & Furious 10“ unter der Regie von Ersatzregisseur Louis Leterrier nähert sich in einigen seiner an sich beeindruckenden Actionszenen der Science-Fiction. Doch das Franchise braucht dringend Erdung. Denn vor allem inhaltlich schwächelt der zehnte Teil. Lieblose Dialoge, ein Bösewicht, der so drüber ist, dass er als Knallcharge durchgeht und weit und breit ist niemand in Sicht, der dem mächtigen Ego von Vin Diesel die Stirn bieten kann.

Roman Pearce (Tyrese Gibson) soll für die Agency einen Raubüberfall in Rom durchführen. Während Dominic Toretto (Vin Diesel) und seine Frau Letty (Michelle Rodriguez) mit ihrem Sohn Little B (Leo Abelo Perry) zu Hause in Los Angeles bleiben, reist der Rest des Teams um Han Lue (Sung Kang) und Tej Parker (Lucacris) nach Italien, um einen Computerchip zu stehlen. Doch der Auftrag entpuppt sich als Falle. Dante Reyes (Jason Momoa), der Sohn des Drogenbosses Hernan Reyes (Joaquim de Almeida), hat alles eingefädelt und sinnt auf bittere Rache. Doms Bande hatte vor zehn Jahren in Rio de Janeiro seinen Vater getötet und das Familienvermögen vernichtet. In Rom zieht eine gigantische rollende Bombe eine Spur der Verwüstung durch die Stadt und am Ende werden Dom Toretto und seine Gang dafür verantwortlich gemacht. Letty wird derweil von Agent Aimes (Alan Ritchson) verhaftet, der seit dem Verschwinden von Mr. Nobody (Kurt Russell) praktisch die Leitung der Agency übernommen hat. Währenddessen versucht ein bewaffnetes Team in Los Angeles Little B. zu kidnappen, was nur durch den mutigen Einsatz seines Onkels Jacob (John Cena) verhindert werden kann. Und dann ist da noch Mr. Nobodys Tochter Tess (Brie Larsen), die das „Auge Gottes“ benutzen will, um Dom den Weg zu Dante zu zeigen. In Rio treffen sich die beiden zu einem Wettrennen.

Vin Diesel und Daniela Melchior in „Fast & Furious 10“ (© Universal Pictures)

Regisseur Justin Lin steigt nach Drehbeginn aus

Die „Fast & Furious“-Filme entwickeln sich fast linear nach der guten alten Maxime „höher, schneller, weiter“, die Hollywood für seine Zwecke adaptiert hat. Das bedeutet: immer höhere Budgets, immer ausgefallenere Stunts, die das Publikum so noch nicht gesehen hat, und immer mehr Stars, die selbst in kleinen Rollen (Brie Larsen, Charlize Theron, Helen Mirren) oder Cameos (Jason Statham, Gal Gadot) auftreten. Inhaltlich merkt man dem zehnten Teil jedoch die anstrengende Produktionsgeschichte deutlich an. Teil 10 und 11 wurden nicht nur in einem Rutsch abgedreht, sondern auch als zweiteiliger Abschluss der Reihe im Stile des „Harry Potter“-Finales konzipiert. So endet „Fast & Furious 10“ gleich mit mehreren fiesen Cliffhangern. Kurz nach Drehbeginn stieg auch noch Regisseur Justin Lin, der die Teile 3 bis 6 und 9 inszeniert hatte, wegen kreativer Differenzen aus. Er soll sich ständig mit Diesel wegen dessen permanenter Einmischung in sein Drehbuch (das er zusammen mit Dan Mazeau geschrieben hatte) gestritten und deshalb aufgegeben haben. Action-Handwerker Louis Leterrier („The Transporter“) sprang spontan ein und schraubte ebenfalls noch am Skript herum.

Schwache Dialoge, zu viel Familien-Brimborium

Und dieses Hickhack merkt man der Geschichte an. Die Hetzjagd rund um den Globus an verschiedenen Stationen wie Los Angeles, Rom, London, Lissabon, Antarktis oder Rio de Janeiro bietet viel Abwechslung und spektakuläre Kulissen, aber die Dialoge sind dünn wie Papier. Dem Film fehlt es an Charakterentwicklung. Obwohl die Hauptfiguren des Franchise schon seit vielen Jahren präsent sind, scheinen sie sich kaum weiterzuentwickeln. Es fehlt an emotionaler Tiefe und den persönlichen Konflikten, die die Geschichte vorantreiben könnten, geht längst der Treibstoff aus. Denn das ohnehin überstrapazierte Credo der „Familie“ ist mittlerweile zur Karikatur verkommen. Sage und schreibe 56-mal fällt dieser Begriff in 141 Minuten.

Jason Momoa in „Fast & Furious 10“ (© Universal Pictures)

Mag der Rachegedanke des Schurken Dante Reyes noch in Ordnung gehen, dreht „Aquaman“ Jason Momoa („Dune“) bei der Interpretation der Rolle völlig frei und ist so weit drüber, dass es keinen Spaß mehr macht, seinem affigen Treiben zuzusehen. Er wirkt eher wie eine Superheldenfigur im falschen Film. Besser passt „Jack Reacher“-Star Alan Ritchson als agiler und undurchsichtiger Agency-Boss Aimes. Er erinnert dezent an die Qualitäten, die einst Dwayne Johnson einbrachte, nimmt aber eine weniger dominante Position ein. Aber im Grunde schmeißt Vin Diesel weiter als Alleinherrscher die Show, auch wenn in den Nebenrollen reichlich Prominenz auftaucht, die aber selten über Namedropping hinausgeht. Am interessantesten ist noch Brie Larson („Captain Marvel“) als schlagkräftige wie ambivalente Tochter von Mr. Nobody, während beispielsweise der Auftritt von Rückkehrerin Charlize Theron („Mad Max: Fury Road“) in ihrem Antarktis-Abenteuer isoliert vom Rest der Handlung und damit redundant wirkt.

Starke Set Pieces, aber Action schießt irgendwann übers Ziel hinaus

Das größte Plus von „Fast & Furious 10“ sind die gigantischen Set Pieces rund um den Globus. Ist die Bombenjagd in Rom noch ein perfekter Auftakt, weil das riesige Spektakel noch einen Hauch von Bodenhaftung hat, verliert der Film diese mit zunehmender Laufzeit – gipfelnd in der Gaga-Szene am Staudamm, die es locker mit dem „Fast & Furious in Space“-Ausflug aufnehmen kann. Wenn unrealistische, aber lustige Actionszenen ins Lächerliche kippen, leidet auch die Spannung. Denn Kern und Ursprung der Serie sind (illegale) Autorennen – von denen es immerhin eines gibt. Und auch der obligatorische Tribut an den verstorbenen „Fast & Furious“-Star Paul Walker darf nicht fehlen – hier ganz elegant gelöst mit einem Rückgriff auf den legendären Rio-Heist vor zehn Jahren.

„Fast & Furious 10“ (© Universal Pictures)

„Fast & Furious“-Franchise auf der letzten Rille

Das „Fast & Furious“-Franchise steht im Jahr 2023 an einem Scheideweg, ähnlich wie 2009, als die Macher mit „Fast & Furious – Neues Modell. Originalteile.“ den Reset-Knopf drückten und mit der Rückkehr des abgewanderten Vin Diesel zumindest einen soliden Film mit ordentlichen Einspielergebnissen auf die Beine stellten. Doch der Quantensprung, der das Franchise zum Explodieren brachte, war „Fast & Furious Five“, der mit Abstand beste Film der Reihe, der durch die unglaubliche Präsenz des damaligen „Fast“-Neulings Dwayne „The Rock“ Johnson auf ein neues Level gehoben wurde. Da „Fast & Furious 11“ aber der Abschluss sein soll, geht es in Zukunft nicht mehr um einen Neuanfang, sondern nur noch darum, das Franchise halbwegs würdevoll über die Ziellinie zu hieven. Und die Mid-Credit-Scene verspricht tatsächlich Besserung für den letzten Teil.

Fazit: Das „Fast & Furious“-Franchise ist ausgelaugt und braucht dringend eine Frischzellenkur, denn „Fast & Furious 10“ wirkt wie ein gigantischer, aber führerloser Güterzug, der ungebremst durch die Gegend rollt. Bestaunenswerte Stunts, pure Zerstörungsorgien und Gaga-Action wechseln sich ab. Am Ende ist Teil 10 aber vor allem inhaltlich schwach, trotz der vielen Stars.

Deutscher Kinostart von „Fast & Furious 10“: 17. Mai 2023.

Produktionsland

USA 2023

Cast & Crew

Vin Diesel

Dominic „Dom“ Toretto

Michelle Rodriguez

Leticia „Letty“ Ortiz

Tyrese Gibson

Roman Pearce

Ludacris

Tej Parker

Jordana Brewster

Mia Toretto

Sung Kang

Han Lue

Jason Statham

Deckard Shaw

Helen Mirren

Magdalene „Queenie“ Shaw

Scott Eastwood

Little Nobody

John Cena

Jakob Toretto

Cardi B

Leysa

Rita Moreno

Abuela Toretto

Leo Abelo Perry

Brian Toretto

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