Die drei ??? – Erbe des Drachen

2023100 minab 6,

Ansprechend modernisierter Kinder-Krimi mit Problemen, den Ton der Kult-Vorlage zu treffen

45 Millionen verkaufte Tonträger, 16,5 Millionen abgesetzte Bücher seit 1968! „Die drei ???“ sind Legenden für Generationen von Kindern und Erwachsenen, die mit den cleveren Nachwuchsdetektiven aus Rocky Beach aufgewachsen sind. „Wir übernehmen jeden Fall“ – so lautet das Motto der berühmten Ermittler. Obwohl die Krimireihe ihren Ursprung in den USA hat, wurde sie nach der Einstellung in Übersee im Jahr 1993 anschließend in Deutschland eigenständig weitergeführt. Das liegt nicht nur an der Beliebtheit der Figuren, sondern vor allem an den ikonischen deutschen Sprechern. Oliver Rohrbeck als Justus Jonas, Jens Wawrczeck als Peter Shaw und Andreas Fröhlich als Bob Andrews sind Kult. Die Mittfünfziger sprechen immer noch Jugendliche, ohne peinlich zu wirken. Sie sorgen aber auch für ein unlösbares Dilemma: Die so markanten, tollen Stimmen haben sich in die Seelen der „Drei ???“-Fans eingebrannt. Und wer den Stoff für die große Leinwand verfilmen will, ist auf der stimmlichen Ebene zum Scheitern verurteilt. Doch das ist nicht das einzige Problem von Regisseur Tim Dünschede („Limbo“): Sein Mystery-Krimi „Die drei ??? – Erbe des Drachen“ ist visuell in Ordnung, den Ton der Bücher trifft der Kinofilm aber bei weitem nicht immer, während die Geschichte nicht über eine durchschnittliche Buchstory hinauskommt. Letztendlich wirkt „Die drei ??? – Erbe des Drachen“ auch noch sehr deutsch, der amerikanische Spirit geht früh verloren.

Die drei ??? Justus Jonas (Julius Weckauf), Peter Shaw (Nevio Wendt) und Bob Andrews (Levi Brandl) betreiben in Rocky Beach, Kalifornien ein Detektivbüro. Ihr Hauptquartier ist ein alter Wohnwagen auf dem Schrottplatz von Justus‘ Onkel Titus Jonas (Florian Lukas) und Tante Mathilda (Jördis Triebel). In den Sommerferien verschlägt es die jungen Detektive nach Transsilvanien in Rumänien, wo Peters Vater Henry (Mark Waschke) als Effektspezialist an dem Vampirfilm „Dracula Lives“ mit Filmstar Steven Yates (Gedeon Burkhard) arbeitet. Er hat den Jungs Praktikumsplätze besorgt. Am Drehort, einem alten Schloss, angekommen, wittern die drei ??? sofort einen neuen Fall. Vor Jahrzehnten soll hier ein Junge spurlos verschwunden sein. Burggräfin Codrina (Gudrun Landgrebe) trauert noch heute um ihren Bruder. Seltsame Geräusche dringen abends aus den Gemäuern der Burg und wecken die Neugier der Detektive. Die ortsansässige Historikerin Luciana Ionescu (Natalia Belitski) steht den drei ??? bei ihren Ermittlungen mit Rat und Tat zur Seite, während Peters Vater alles für Hirngespinste der Jungen hält.

Nevio Wendt, Levi Brandl und Julius Weckauf in „Die drei ??? – Erbe des Drachen“ (© Sony Pictures)

Ein neuer Versuch, „Die drei ???“ im Kino zu etablieren

Der Versuch, die Kinoversion von „Die drei ???“ mit den in englischer Sprache gedrehten „Die drei ??? – Das Geheimnis der Geisterinsel“ (2007) und „Die drei ??? – Das verfluchte Schloss“ (2009) international erfolgreich zu vermarkten, misslang. Ein ursprünglich geplanter dritter Teil ging bereits nicht mehr in Produktion. In den USA erschienen die Filme nur direkt auf DVD, in Deutschland lockten die Verfilmungen des Studenten-Oscar-Preisträgers Florian Baxmeyer 943.000 („Das Geheimnis der Geisterinsel“) bzw. 591.000 Zuschauer („Das verfluchte Schloss“) an – nicht ganz die Zahlen der deutschen „Fünf Freunde“-Reihe, aber auch nicht schlecht. Für eine rein deutsche Auswertung waren die Verfilmungen allerdings zu teuer. Bei Tim Dünschedes „Die drei ??? – Erbe des Drachen“ drehte das Team kostengünstiger in Rumänien, was aber auch zum ersten Problem führt.

Atmosphärischer Beginn, dann wird es beliebig

Nach einem stimmungsvollen Prolog mit einem liebevoll gestalteten (fiktiven) Rocky Beach verlässt die Erzählung das Drei-???-Kalifornien und begibt sich nach Rumänien. Leider geht das schöne Flair gleich wieder verloren, denn „Die drei ??? – Erbe des Drachen“ sieht nun aus wie jeder andere Kinderfilm aus deutscher Produktionsschmiede. So wirkt der durch und durch amerikanische Stoff auf der Leinwand nun typisch deutsch – was zu einem Rosamunde-Pilcher-Effekt führt, bei dem deutsche Schauspieler ganz selbstverständlich Briten spielen und eine Art alternative Realität entsteht.

Farba Dieng und Mark Waschke in „Die drei ??? – Erbe des Drachen“ (© Sony Pictures)

Inszenierung bietet allerlei Unstimmigkeiten

Schwerer wiegen jedoch die inszenatorischen Ungereimtheiten. Das beginnt mit der ärgerlich klischeehaften Charakterzeichnung von Peters Vater Henry, der ungewollt zum verkappten Bösewicht aufgebaut wird, weil der Effektspezialist nie Zeit für seinen Sohn hat, ihm nie zuhört, ihn für Dinge verurteilt, die er nicht getan hat und das Detektivspiel der Jungs ohnehin für Blödsinn hält. Diese eklatante Abweichung und Verdrehung der Vorlage als offensichtliches Erzählhindernis dämpft die Stimmung. Das gilt auch für die ständigen Streitereien der drei ??? am Set in Rumänien. Wegen jeder Kleinigkeit geraten sich die besten Freunde in die Haare – das ist nicht Drei-???-like. Hier haben Drehbuchautor Anil Kizilbuga („Limbo“) und Regisseur Tim Dünschede die Vorlage offenbar nicht verstanden. Es gelingt ihnen nicht, den Geist der ???-Geschichten in Details einzufangen. „Wir sind keine Detektive, wir sind nur Kinder“, sagen die drei an einer Stelle – ein Satz, der den Originalen nie über die Lippen gekommen wäre.

Durchwachsene Besetzung der drei ???

Bei der Besetzung liest sich die Bilanz ausgeglichen. Während Levi Brandl einen guten Bob Andrews abgibt und auch Nevio Wendt („Rocca verändert die Welt“) einen ordentlichen Peter Shaw darstellt, ist Julius Weckauf („Catweezle“) als Justus Jonas neben der Spur. Großartig als junger Hape Kerkeling im Biopic-Superhit „Der Junge muss an die frische Luft“, passt Weckauf hier nicht optimal in die Rolle des brillant-klugscheißerischen Drei-???-Masterminds. Und Florian Lukas als Titus Jonas? Come on! Lukas ist ein toller Schauspieler, aber bei den drei ??? sind die Erwartungen so hoch gesteckt, dass solche Holprigkeiten sofort für Aufruhr in der Fangemeinde sorgen.

Florian Lukas und Julius Weckauf in „Die drei ??? – Erbe des Drachen“ (© Sony Pictures)

Modernisierung ordentlich gelungen

Ein altes Schloss, düstere Gemäuer, eine verschrobene Gräfin und ein finster dreinblickender rumänischer Butler – das sind die Standardzutaten einer Drei-???-Geschichte. Das geht schon klar, bietet aber auch nicht das wirklich Besondere für einen abendfüllenden Spielfilm. Doch abgesehen von den atmosphärischen Störungen und den seltsamen Outfits der drei ???, die sie manchmal wie Fashion Victims aussehen lassen, ist die sanfte Modernisierung des bereits angestaubten Stoffes ansprechend gelungen. Die ewigen Teenager aus den aktuellen Hörspielen (inzwischen sind es mehr als 220 Folgen) sind im Film zwischen 12 und 14 Jahre alt, müssen also noch nicht Auto fahren, können aber schon mit dem Handy umgehen. Die Balance zwischen angenehmem Anachronismus und sanfter Modernisierung stimmt.

Fazit: Auch der dritte Versuch, den berühmten drei ??? eine wirklich überzeugende Verfilmung zu gönnen, ist gescheitert. Für neue und jüngere Fans mag die eher laue Story mit einigen Spannungsmomenten als „Die drei ??? Kids“-Version noch am besten funktionieren, für die Älteren trifft Regisseur Tim Dünschede in dem Jugendkrimi „Die drei ??? – Erbe des Drachen“ nicht immer den Ton der legendären Vorlage.

Deutscher Kinostart von „Die drei ??? – Erbe des Drachen“: 26. Januar 2023.

Wertung 2,5 / 5
Produktionsland

Deutschland 2023

Cast & Crew

Julius Weckauf

Justus Jonas

Nevio Wendt

Peter Shaw

Levi Brandl

Bob Andrews

Mark Waschke

Henry Shaw

Gudrun Landgrebe

Gräfin Codrina

Gedeon Burkhard

Steven Yates

Florian Lukas

Onkel Titus

Jördis Triebel

Tante Mathilda

Natalia Belitski

Luciana Ionescu

Agnes Decker

Regisseurin Annabeth Parker

Benjamin Wichert

Hank Meyers

Dela Dabulamanzi

Miss Bennett

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