Creed III: Rocky’s Legacy

2023116 minab 12, ,

Michael B. Jordan hält den „Rocky“-Mythos am Leben – auch ohne Sylvester Stallone

Die Idee, die legendäre „Rocky“-Reihe 2015 mit dem Sohn von Nebenfigur Apollo Creed fortzusetzen, war mutig – und ging auf. Weil mit Ryan Coogler („Black Panther“) ein exzellenter Regisseur zur Verfügung stand, der das Franchise verstanden und durchdrungen hatte. Aber eben auch, weil mit Sylvester Stallone als Rocky Balboa (zumindest in einer Nebenrolle) das Herz der Boxer-Saga immer noch mit von der Partie war. Dieses Konzept trug auch „Creed II“ (2018), in dem zusätzlich Dolph Lundgren als Rockys ikonischer Gegner Ivan Drago auftauchte. Doch bei „Creed III: Rocky’s Legacy” ist alles anders. Coogler überließ den Regiestuhl bereits im zweiten Teil Steven Caple Jr. Dessen Platz nimmt nun Hauptdarsteller Michael B. Jordan ein. Der Schauspieler gibt mit dem Boxer-Drama sein Regiedebüt. Viel wichtiger aber ist der Verzicht auf alle Legacy-Charaktere. „Creed III” ist also ein riskantes Unterfangen, aber Jordan legt nicht nur ein recht reifes Erstlingswerk vor, sondern hat mit Jonathan Majors auch einen der schauspielerisch besten Antagonisten der gesamten Reihe am Start, so dass einige kleinere Schwächen abgemildert werden.

Schwergewichtsweltmeister Adonis Creed (Michael B. Jordan) ist im Boxring in die Jahre gekommen. Mit einem letzten Kampf in Südafrika verabschiedet sich der Champion von der großen Bühne und zieht sich ins luxuriöse Privatleben mit Ehefrau Bianca (Tessa Thompson) und Tochter Amara (Mila Davis-Kent) zurück. Adonis, genannt Donnie, ist gerade dabei, mit seinem Boxstall einen Weltmeisterschaftskampf zwischen seinem Schützling Felix Chavez (Jose Benavidez) und Viktor Drago (Florian Munteanu) zu organisieren, als sein alter Jugendfreund Damian Anderson (Jonathan Majors) nach 18 Jahren Haft bei ihm auftaucht. Er nimmt Kontakt zu Adonis und dessen Familie auf. Der ehemalige Amateur-Champion will wieder ins Boxgeschäft einsteigen und bettelt bei Adonis um eine Chance auf einen WM-Kampf. Als Chavez‘ Gegner Drago bei einer Auseinandersetzung von einem Angreifer schwer am Arm verletzt wird, schlägt Damians Stunde.

Jonathan Majors (links) und Michael B. Jordan in „Creed III: Rocky’s Legacy“ (© Warner Bros.)

Rechtestreit zwischen Stallone und Winkler überschattet „Creed III“

Überschattet wurde die Produktion von „Creed III“ von einem unschönen Streit zwischen „Rocky“-Legende Sylvester Stallone und Ur-Produzent Irwin Winkler, der – zum Leidwesen von Stallone – die Rechte am „Rocky“-Franchise besitzt und diese auch genüsslich ausreizt, obwohl der Actionstar seinerzeit als Drehbuchautor von „Rocky“ (1976) die Figuren kreiert hatte. Das führte schließlich dazu, dass Stallone am mittlerweile neunten Film aus dem „Rocky“-Universum erstmals nicht beteiligt ist (obwohl er offiziell als Produzent genannt wird) und sich den Film nach eigener Aussage auch nie ansehen will. Aus der Not, „Creed“ ohne Rocky drehen zu müssen, macht der neue Regisseur Michael B. Jordan eine Tugend, indem er die Legacy-Charaktere komplett rausschmeißt – kein Rocky, kein Drago – obwohl Dolph Lundgren gerade erst in „Creed II“ ein von den Fans umjubeltes Comeback als Ivan Drago gefeiert hatte. Lediglich sein Sohn Viktor, der in „Creed II“ eingeführt wurde, spielt in „Creed III“ noch eine kleine Rolle.

Parallelen von „Creed III“ zu „Rocky III“

Inhaltlich löst sich Jordan damit von „Rocky“, auch wenn die Figur, ebenso wie Adonis‘ Vater Apollo, in einigen Dialogen noch Widerhall findet. Inszenatorisch bleibt jedoch eine Verbindung zum alten Zweig des Franchise bestehen: Einige der Motive und Motivationen der Hauptfigur Adonis „Donnie“ Creed in „Creed III“ ähneln stark den Problemen, mit denen Rocky Balboa in „Rocky III“ (1982) zu kämpfen hatte: Da ist einmal mehr der satte Emporkömmling, der mit seiner Rolle als Boxrentner hadert und dennoch erneut gegen einen scheinbar übermächtigen Gegner in den Ring steigen muss. Jordans Hommage an „Rocky“ macht sich auch auf der Tonspur bemerkbar. Im Score von Joseph Shirley sind sanfte Anleihen an alte „Rocky“-Themen zu entdecken.

Michael B. Jordan, Mila Davis-Kent und Tessa Thompson in „Creed III: Rocky’s Legacy“ (© Warner Bros.)

Jonathan Majors begeistert als starker Bösewicht

Doch dass „Creed III“ trotz der schmerzlichen Abwesenheit von Sylvester Stallone am Ende so gut funktioniert, hat vor allem einen Grund: Mit Jonathan Majors („Ant-Man And The Wasp: Quantumania“) verfügt das Boxer-Drama über einen exzellenten Antagonisten. Sein Knastbruder Damian Anderson ist ein Underdog wie Rocky einer war. Die Drehbuchautoren Keenan Coogler („Space Jam 2“) und Zach Baylin („King Richard“) schaffen über die gesamte erste Hälfte des Films eine aufwühlende emotionale Reibung. Der Erzählton des Films suggeriert, dass Adonis an jenem schicksalhaften Abend, an dem Damian als 18-Jähriger ins Gefängnis kommt, nichts falsch gemacht hat und der Verhaftete irgendwie selbst schuld ist. Weil das aber gar nicht so klar ist, hält man als Zuschauer eher zu Damian, der eine spannende Mischung aus Bescheidenheit, Demut und Gefährlichkeit ausstrahlt. Und er wittert die Chance seines Lebens. Erst mit einem etwas ungeschickten Drehbuchkniff rücken die Autoren diese hochinteressante Schieflage in der Charakterisierung wieder gerade – zurück in die Konvention.

Adonis Creed ist satt und müde

Trotzdem ist diese ambivalente Figur eine große Bereicherung für das Franchise, zumal sie von Jonathan Majors brillant und vielschichtig gespielt wird. Denn Michael B. Jordan gibt seinen Adonis Creed schon etwas satt und müde. Er muss sich noch einmal aufraffen für den letzten Kampf gegen die Geister der Vergangenheit. Auch die großartige Tessa Thompson („Thor: Love And Thunder“) ist als Adonis‘ Frau unterbeschäftigt, vor allem im Vergleich zu „Creed“, wo sie einen wichtigen Teil der Handlung einnahm. Im Zentrum des Films steht das nuancierte Psychoduell zwischen den Jugendfreunden Donnie und Damian – das, der Logik der „Rocky“-Reihe folgend, auf der großen Bühne des Boxrings endet.

Michael B. Jordan in „Creed III: Rocky’s Legacy“ (© Warner Bros.)

Starke Produktionswerte

Die Kampfszenen sind elegant und kraftvoll choreographiert und die Kameraführung fängt die Intensität der Kämpfe so ein, dass der Zuschauer das Gefühl hat, selbst im Ring zu stehen. Hier ist „Creed III“ auf der Höhe des Franchise. In Zeitlupe zeigt Kameramann Kramer Morgenthau („Thor: The Dark Kingdom“) die unglaubliche Wucht der brutalen Treffer – schwitzen, bluten … Boxen ist hier kein Spaß. Nur einmal übertreibt es der Filmemacher mit einem eher albernen Regie-Gimmick, wenn er die Zuschauer in einer Runde aussperrt und Adonis und Damian in der finalen Ringschlacht archaisch aufeinander einprügeln. Diese Sequenz vermittelt zwar den Tunnelblick der Matadore, bremst aber auch die Dynamik. Die obligatorischen Trainingsmontagen wirken dagegen eher pflichtschuldig und wenig inspirierend. Beeindruckend ist dagegen auch das Produktionsdesign, das von den Turnhallen bis zu den Arenen viel Wert auf die Details der Boxwelt legt. Das Budget von 75 Millionen Dollar macht sich bemerkbar – zum Vergleich: Der erste „Rocky“-Film entstand für eine Million Dollar.

Fazit: Schauspieler Michael B. Jordan feiert mit „Creed III: Rocky’s Legacy“ ein solides Regiedebüt und legt ein emotional ungemein kraftvolles Boxer-Drama vor, das vor allem von Hot Shot Jonathan Majors profitiert. Der bärenstarke Bösewicht im Ring überdeckt so manche Schwäche und Durststrecke in der Erzählung.

Deutscher Kinostart von „Creed III: Rocky’s Legacy“: 2. März 2023.

Wertung

3,5

Produktionsland

USA 2023

Kommentar verfassen

There are no reviews yet.