Black Adam
Ein Superheld, der keiner ist, auf der Suche nach sich selbst
Als 2008 das Marvel Cinematic Universe (MCU) mit „Iron Man” seinen Anfang nahm, konnte noch niemand ahnen, wie sehr diese Renaissance der Superhelden-Filme Hollywood für die nächsten Dekaden verändern würde. Die ganz großen Erfolge werden seit Jahren in diesem Genre gefeiert, das in seiner Dominanz den Rest der Filmindustrie nahezu erdrückt. Inzwischen sind auch Charakterdarsteller wie Russell Crowe, Christian Bale, Joaquin Phoenix oder gar der große Robert Redford nicht mehr wählerisch und dienen hier in Superhelden-Werken dem System. Einer, den man mit seiner unglaublichen Physis schon lange in diesem Amüsierbetrieb erwartet hätte, ist Action-Superstar Dwayne „The Rock“ Johnson, der im megaerfolgreichen „Fast & Furious“-Franchise und mit eigenen Produktionen („San Andreas“, „Jumanji“) eine große Nummer in der Traumfabrik ist.
Doch es sollte bis zum Jahr 2022 dauern, bis der Kalifornier sein Debüt in einem Superhelden-Film gibt! Und auf den ersten Blick ist Johnson wie gemacht für die Titelrolle in DCs „Black Adam“ – dennoch hat der Comic-Actioner unter der Regie von Jaume Collet-Serra („Non-Stop“) gleich mehrere Probleme, die den chaotischen Blockbuster zu einem der schwächsten Werke des DC Extended Universe (DCEU) machen. Am wenigstens Schuld daran trägt aber Johnson selbst.
Die Uni-Wissenschaftlerin Adrianna Tomaz (Sarah Shahi) ist in der unterdrückten Stadt Kahndaq auf der Suche nach der Krone von Sabbac. Dieses magische Artefakt soll dem Träger enorme Kräfte verleihen, mit denen sie die Stadt von den brutalen Besatzern der sogenannten Intergang befreien will. Als Adrianna mit ihren Unterstützern in einer alten Grabstätte der Krone auf der Spur ist, kommen ihnen Schergen der Intergang dazwischen und unter größter Bedrängnis spricht sie das Zauberwort „Shazam“ aus – und befreit aus Versehen den seit 5.000 Jahren verbannten Sklavenkrieger Teth-Adam (Dwayne Johnson) aus seinem Grab. In diesem Durcheinander kann sie mit ihrem Sohn Amon (Bodhi Sabongui) die Krone an sich reißen und fliehen. Als sich Adriannas Kollege Ishmael Gregor (Marwan Kenzari) als geheimer Anführer der Intergang und auch noch als ein Nachfahre von König Ahk-ton entpuppt, der einst Teth-Adams Familie vernichtete, sinnt der entfesselte Sklave auf Rache und legt mit seiner unbändigen Kraft Teile der Stadt in Schutt und Asche – dabei versuchen doch Adrianna und ihre Freude, Teth-Adam als Beschützer Kahndaqs gewinnen. Das bringt die Justice Society Of America (JSA) ins Spiel. Hawkman (Aldis Hodge), Doctor Fate (Pierce Brosnan), Cyclone (Quintessa Swindell) und Atom Smasher (Noah Centineo) wollen Kahndaq unter Kontrolle bekommen und Teth-Adams Macht einhegen.
Eigener Solo-Film statt Gastauftritt in „Shazam!“
Er hat lange gewartet, bis er endlich mitmischen durfte. Bereits 2007 gab es erste Planungen, dass Dwayne Johnson als Black Adam im „Shazam!“-Film (der erst 2019 realisiert wurde) als Bösewicht einen Auftritt bekommen sollte – was letztendlich doch nicht passierte, weil man bei DC dieser Figur, die erstmals 1945 in dem Comic „The Marvel Family #1“ auftauchte, einen eigenen Solo-Film widmen wollte. Angesichts der monolithischen Persona Dwayne Johnson eine logische Entscheidung. „The Rock“ passt zum Charakter Black Adam wie die Faust aufs Auge, aber grundlegende Probleme in der Konstruktion des Szenarios hatten die Macher offenbar übersehen oder für unbedeutend erachtet.
Das geht schon damit los, dass dieser Black Adam (alias Teth-Adam, der Mächtige) in seiner reinen Natur ein lupenreiner Bösewicht ist – womit er als Protagonist eines Superhelden-Films zunächst wenig taugt. Das verleitet Regisseur Jaume Collet-Serra, der mit Johnson zuletzt schon in dem Mystery-Abenteuer „Jungle Cruise“ (2021) zusammengearbeitet hatte, und seine Drehbuchautoren Adam Sztykiel, Rory Haines und Sohrab Noshirvani zu allerlei komischen erzählerischen Verrenkungen. Die Rebellentruppe um Adrianna sieht Teth-Adam vielmehr als Heiland, der ihre unterjochte Stadt befreien soll, während sich die Justice Society Of America keinerlei Illusionen über das wahre Gemüt des brachialen Kriegers macht. Aber die „Wahrheit“ auf der Leinwand liegt in der Mitte, in einer Grauzone, in der Collet-Serra seinen Teth-Adam platziert, um ihm noch möglichst viel Heldentum abzuringen.

Zuviel Chaos in der Story
Eigentlich ein klassischer Captain-Marvel-Gegner sucht der Titelheld hier fortwährend seine Identität, was für ein Charakterdrama sicherlich eine gute Plotline wäre, aber in einem schlicht strukturierten Superhelden-Film eher problematisch ist. Die Story von „Black Adam“ wirkt dabei chaotisch, als wenn sämtliche Konzepte der langen Jahre in der Entwicklungshölle irgendwie noch berücksichtigt und auf den überlebensgroßen Dwayne Johnson angepasst werden mussten. Diese vielen Ideen passen am Ende nicht so recht zusammen. Das beginnt mit einem unnötig ausschweifenden und komplizierten Prolog, den Collet-Serra im „300“-Stil überhöht inszeniert und die Handlung 5.000 Jahre überspringend in eine fiktive Gegenwart führt.
Dwayne Johnson ist der Fels in der Brandung
Dabei ist Johnson mit seiner mächtigen Präsenz noch der Anker in dem donnernden Getöse, das ein sattes Budget von 195 Millionen Dollar hergibt. Doch auch die beliebig wirkenden CGI-Zerstörungsorgien reißen kaum mit und sind in den stärksten Momenten bestenfalls von solider Qualität. Das größte Augenfutter ist noch die aufregend gestaltete Stadt Kahndaq, die wie eine Mischung aus „Blade Runner“ und altem Ägypten aussieht. Das ist durchaus spannend, selbst wenn die politischen Anleihen, die den Film streifen, eiskalt links liegen gelassen werden. Was „Black Adam“ ermüdend macht, ist die Unendlichkeit der Kräfte, mit der dieser Teth-Adam herumhantiert. Neben der übermenschlichen Stärke, die keine Grenze zu scheinen kennt, rast der Anti-Superheld mit Lichtgeschwindigkeit und blitzschneller Sinneswahrnehmung fliegend durch die Gegend. Diese annähernde Unverwundbarkeit langweilt irgendwann, weil es schlicht egal ist, was seine Gegner ins Feld führen, um zu siegen. Mal degradiert er die Soldaten der Intergang mit seinen gottgleichen Kräften durch Blitze zu wehrlosen Statisten, dann verkloppt er die Schergen per guter alter Kampftechnik, gern auch in Superzeitlupe, während er nebenbei ein paar Sprüche klopft. Dieser Black Adam ist ein sprunghafter Typ, der ungewollt nicht zu sich selbst findet, während Collet-Serra nie einen einheitlichen Inszenierungsstil verfolgt.
Justice Society Of America hängt in der Luft
Die Justice Society Of America, die schon in „Smallville“ (2001), „Legends Of Tomorrow“ (2016) und „Stargirl“ (2020) Auftritte hatte, bleibt als Grauzonen-Truppe überwiegend blass. Alt-Bond Pierce Brosnan kann als in die Zukunft blickender Doctor Fate ein paar Momente einheimsen, aber am Ende liegt es komplett an Dwayne Johnson, den Film zu stemmen. In diesem Wirrwarr geht der eigentliche Bösewicht, den Marwan Kenzari („Aladdin“) als Nachfahren von König Ahk-ton gibt, als lahmes Klischee unter.
Fazit: Der elfte Film des DCEU zählt nicht zu den Glanzpunkten der Reihe, denn „Black Adam“ ist das genaue Gegenteil von einem „Film aus einem Guss“! Regisseur Jaume Collet-Serra inszeniert unter großem Getöse eine Menge Stückwerk, das an den wenigsten Enden zusammenpassen will. Allein die Statur eines Dwayne Johnson bewahrt den Comic-Actioner vor dem totalen Untergang.
Deutscher Kinostart von „Black Adam“: 20. Oktober 2022
Seit 19. Januar 2023 auf Blu-ray & DVD erhältlich.
Wertung | 2 / 5 |
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Produktionsland | USA/Kanada/Neuseeland/Ungarn 2022 |
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