Mit David Finchers „The Killer” läuft derzeit wieder eine Netflix-Produktion im Kino – und wieder gibt der Streaming-Riese keine Besucherzahlen preis – dafür gibt es eine Handvoll Gründe.
Netflix ist der natürliche Gegenspieler des Kinos – und doch ist der Streaminggigant manchmal auf die Kooperation der Branche angewiesen. Dann laufen Netflix-Prestigeproduktionen für wenige Wochen in einer Handvoll ausgewählter Kinos – wie aktuell David Finchers Psycho-Thriller „The Killer“ (Kritik lesen) mit Michael Fassbender (nach der kurzen Kinoauswertung dann ab dem 10. November 2023 auf Netflix) oder Martin Scorseses „The Irishman“, Alfonso Cuaróns „Roma“, Noah Baumbachs „Marriage Story“ oder Finchers „Mank“ in der Vergangenheit. In den USA geht es oft darum, sich für das Oscar-Rennen zu qualifizieren. Denn wer bei den Academy Awards berücksichtigt werden will, muss mit seinem Film mindestens eine Woche offiziell in den Kinos gelaufen sein.
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Netflix kooperiert nicht mit Kinos
Im Gegensatz zu den Filmverleihern kooperiert Netflix jedoch nicht bei der Weitergabe von Informationen über Besucherzahlen und Einspielergebnisse mit den Auswertungsdiensten wie Media Control, Comscore oder der FFA. Der Streamingdienst hält die Daten seit jeher unter Verschluss – und verärgert damit die auf Transparenz der Zahlen bedachte Kinobranche. Dafür gibt es mehrere Gründe:
Geschäftsmodell: Netflix basiert auf einem Abonnementmodell, bei dem die Kunden eine monatliche Gebühr für den Zugriff auf die Inhalte der Plattform zahlen. Anders als traditionelle Kinos, die auf den Verkauf von Kinokarten angewiesen sind, ist Netflix weniger vom Erfolg eines einzelnen Kinostarts abhängig. Daher besteht auch weniger Druck, detaillierte Zuschauerzahlen zu veröffentlichen.
Wettbewerbsvorteil: Netflix betrachtet die Veröffentlichung der Zuschauerzahlen als strategischen Vorteil und Geschäftsgeheimnis. Durch die Geheimhaltung der genauen Zahlen kann das Unternehmen nicht nur seine Konkurrenten besser einschätzen, sondern auch seine Verhandlungsposition gegenüber Filmproduzenten und Talenten stärken.
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Fokus auf Abonnentenbindung: Netflix konzentriert sich in erster Linie auf die Bindung seiner Abonnenten und die Bereitstellung qualitativ hochwertiger Inhalte, um die Kundenzufriedenheit zu erhöhen. Die Veröffentlichung von Zuschauerzahlen kann dazu führen, dass der kurzfristige Erfolg einzelner Inhalte zu Lasten der langfristigen Abonnentenbindung geht.
Erfolgsmessung: Netflix misst den Erfolg von Inhalten auf andere Weise, etwa durch die Analyse der Zuschauerbindung, der Anzahl neuer Abonnenten und der Zuschauerbewertungen. Diese Metriken sind für das Unternehmen oft wichtiger als die reinen Zuschauerzahlen.

Frustration über fehlende Zahlen
Insgesamt hat Netflix eine Politik der Geheimhaltung von Zuschauerzahlen, die sich auf alle seine Veröffentlichungen erstreckt, sei es im Kino oder auf der Streaming-Plattform. Dies mag für das Publikum frustrierend sein, da es schwierig ist, den Erfolg eines bestimmten Films oder einer Serie auf der Plattform zu beurteilen, aber es ist eine bewusste Entscheidung des Unternehmens, um seine Geschäftsinteressen zu schützen – auch wenn der Streamer damit gegen die Gesetze der Branche verstößt und diese zunehmend verärgert.
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Kinobranche und Netflix sind Wettbewerber
Netflix wird häufig als Konkurrent der traditionellen Kinos angesehen. Das Unternehmen bietet Filme sowohl im Kino als auch über seine Streaming-Plattform an, was zu einem Wettbewerbsdruck führen kann. Kinobetreiber fühlen sich benachteiligt, wenn Netflix keine Besucherzahlen veröffentlicht, da dies ihre Fähigkeit zur Bewertung des Wettbewerbs beeinträchtigen könnte.
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Die Kinobranche basiert auf Verhandlungen zwischen Filmverleihern, Kinos und anderen Beteiligten. Informationen über den Erfolg von Filmen sind für diese Verhandlungen wichtig, da sie die Grundlage für Verträge, Lizenzgebühren und Kinospielzeiten bilden. Das Fehlen der Zuschauerzahlen von Netflix kann die Verhandlungsposition der Kinos schwächen. Es ist jedoch wichtig festzuhalten, dass Netflix seine eigenen Geschäftsinteressen verfolgt und die Entscheidung, keine Zuschauerzahlen zu veröffentlichen, eine bewusste strategische Entscheidung des Unternehmens ist. Dies hat zu Spannungen und Diskussionen in der Kinobranche geführt, die versucht, den Herausforderungen durch Streaming-Dienste wie Netflix zu begegnen.